Ist Handystrahlung gefährlich? Ein Faktencheck
Seit es Handys gibt, werden auch Debatten über die Gefahren der Handystrahlung geführt. Das Thema ist Gegenstand unzähliger Studien, die sich zum Teil erheblich widersprechen. Ist Handystrahlung gefährlich? Können durch Handystrahlung Tumore entstehen? Technik-Buddy geht der Sache auf den Grund.
Die Handystrahlung: SAR-Werte
Handys und moderne Smartphones nutzen zur Kommunikation mit den Sendemasten hochfrequente elektromagnetische Felder. Mittels dieser Felder werden Nachrichten, Telefonate und Daten übertragen. Telefoniert man mit dem Handy oder hat es auch nur bei sich in der Tasche, nimmt der Körper eine bestimmte Menge der hochfrequenten magnetischen Felder auf. Wieviel davon während dem Betrieb aufgenommen wird, gibt die Spezifische Absorptionsrate des Handys an – kurz SAR. Die SAR-Werte sind also der Indikator dafür, wie stark das jeweilige Handy strahlt. Gemessen wird in der Einheit Watt pro Kilogramm. Dabei muss natürlich unterschieden werden, wie nah das Gerät im Betrieb am Körper ist. Je nach Abstand ist die aufgenommene Menge der hochfrequenten magnetischen Felder höher oder niedriger. Demzufolge macht es auch einen Unterschied, wofür das Smartphone gerade genutzt wird: Beim Telefonieren kommt es zu einer höheren Energieaufnahme direkt am Kopf, surft oder chattet man dagegen sind die Bereiche stärker betroffen, die dabei den Antennen näher sind.
Richtwerte und SAR-Werte aktueller Smartphones
Im Jahr 1998 gab die Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung eine noch heute gültige Empfehlung für einen SAR-Höchstwert heraus: Demnach sollen Handys einen maximalen SAR-Wert von 2 Watt pro Kilogramm aufweisen. Auch die EU-Kommission sowie die deutsche Strahlenschutzkommission haben sich diesen Vorgaben angeschlossen. Heute findet sich (zumindest laut Herstellerangaben) kein Handy mehr auf dem Markt, das den Grenzwert überschreitet.
Nach wie vor gibt es aber zum Teil große Unterschiede zwischen den SAR-Werten der aktuellen Smartphones. Das folgende Ranking der SAR-Werte ausgewählter Top-Smartphones macht das deutlich:
- Samsung Galaxy Note 4 – 0,27 (W/KG)
- Samsung Galaxy S7 – 0,41 (W/KG)
- HTC One M9 – 0,52 (W/KG)
- iPhone SE – 0,72 (W/KG)
- iPhone 6s – 0,93 (W/KG)
- Huawei P9 – 1,13 (W/KG)
Zwar sollen Differenzen der Werte, die unterhalb des Grenzwertes liegen, keine negativen oder positiven Auswirkungen haben – aber wohler fühle zumindest ich mich trotzdem mit einem niedrigeren Wert.
Gesundheitliche Risiken durch Handystrahlung
Bleibt aber die Frage: Ist Handystrahlung gefährlich oder nicht? Eine klare Antwort darauf gab und gibt es nicht. Vielmehr gibt es verschiedene Studien und Einschätzungen, die eine Orientierung bieten.
Laut dem National Cancer Institut der USA konnte bislang lediglich sicher nachgewiesen werden, dass die von Handys abgegebene Strahlung zu einer Erhitzung führt. Der Effekt ist vergleichbar mit dem einer Mikrowelle – wenn natürlich auch weniger dramatisch. Demzufolge kommt es zu einem Anstieg der Temperatur an der Stelle, die bei der Nutzung des Handys diesem am nächsten ist. Beim Telefonieren ist das im Normalfall der Kopf. Eine Erhöhung der allgemeinen Körpertemperatur – die Handystrahlung gefährlich machen würde – konnte mit den hochfrequenten elektromagnetischen Feldern jedoch laut National Cancer Institut nicht valide in Verbindung gebracht werden
Das Bundesamt für Strahlenschutz gibt ebenfalls an, dass die gesundheitlichen Risiken von der Wärmewirkung der hochfrequenten elektromagnetischen Felder abhängen. Jedoch soll eine Regulierung der zusätzlich entstandenen Wärmeentwicklung im menschlichen Körper durch das Blut sowie Schwitzen gewährleistet sein. Gesundheitlich bedenklich wird es demnach erst dann, wenn diese Wärmeregulierung gestört wird. So konnte in Tierexperimenten gezeigt werden, dass eine kontinuierliche Erhöhung der Körpertemperatur Auswirkungen auf Verhalten, Stoffwechsel und Embryonenentwicklung hat. Laut Bundesamt für Strahlenschutz sind zudem insbesondere drei Bereiche des Körpers empfindlich für Wärmeentwicklung:
- die Augen
- das Gehirn
- die Hoden
WHO: Handystrahlung möglicherweise krebserregend
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugehörig ist, hat die von Mobiltelefonen abgegebenen hochfrequenten elektromagnetischen Felder im Jahr 2011 in die Gruppe 2B ihrer Skala zur Risikobewertung eingeordnet. Die Kategorisierung der Gruppe lautet „möglicherweise krebserregend“, was bedeutet, dass begrenzte Hinweise für eine krebserregende Wirkung vorliegen. Gruppe 2B liegt in der Mitte von insgesamt fünf Kategorien und ist die schwächste Stufe, die noch auf eine mögliche krebserregende Wirkung hinweist. In Gruppe 1, also der Gruppe an Stoffen, die von der WHO als krebserregend eingestuft werden, finden sich beispielsweise alkoholische Getränke – das zur Einordnung des Ganzen.
Neue Studie: Handystrahlung gefährlich
Über die negativen gesundheitlichen Folgen, die nicht durch Wärmeentwicklung ausgelöst werden und innerhalb des SAR-Grenzwertes von 2 Watt pro Kilogramm auftreten, herrscht trotz allem große Uneinigkeit. Der Großteil der bislang erschienenen Studien kam zu dem Ergebnis, dass kein klarer Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und Handystrahlung hergestellt werden kann. Eine im Mai 2016 vom National Toxicology Program (NTP) des National Institute of Health der USA veröffentlichte Studie legt jedoch nahe, dass die Frage „Ist Handystrahlung gefährlich?“ bejaht werden muss. Bei dem vorgelegten Bericht handelt es sich zwar erst um das Zwischenergebnis, die Ergebnisse aber stimmen bedenklich.
Die groß angelegte Studie, die mit einem Budget von insgesamt 25 Millionen US-Dollar ausgestattet war, untersuchte über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren die Auswirkungen von Strahlung auf Tiere. Dafür wurden 2500 Mäuse und Ratten in unterschiedlichen zeitlichen Intervallen solcher Strahlung ausgesetzt, wie sie im Mobilfunk zum Einsatz kommt. Laut dem vorgelegten Bericht konnten insbesondere Auswirkungen auf die Entstehung von Tumoren im Herzen sowie im Gehirn festgestellt werden. Nachdem die Tiere über einen längeren Zeitraum der Strahlung ausgesetzt wurden, entwickelten mehr von ihnen entsprechende Tumore. Zwar traten insgesamt nach wie vor nur wenige der Tumore auf, doch die Anzahl stieg mit der Zunahme der Bestrahlung. Und: Keines der Tiere aus der nicht bestrahlten Kontrollgruppe entwickelte einen solchen Tumor. Ebenfalls interessant ist, dass bei den männlichen Ratten und Mäusen häufiger Tumorerkrankungen auftraten als bei ihren weiblichen Artgenossen. Das endgültige Ergebnis der Studie wurde für 2017 angekündigt.
(Genutzte Quellen: Bundesamt für Strahlenschutz; National Cancer Institut; Internationale Krebsforschungsagentur (IARC); US National Toxicology Program (NTP); T-Mobile)