Vorübergehende Einfuhr in die Schweiz: Technische Praxis für KMU
Eine vorübergehende Einfuhr in die Schweiz liegt vor, wenn ausländische Waren nur befristet genutzt und anschließend unverändert wieder ausgeführt werden. Typische Beispiele sind Messgeräte für Testreihen, Baumaschinen für Montageeinsätze oder Vorführanlagen für Messen. Ziel ist, Projekte vor Ort effizient umzusetzen, ohne die Güter dauerhaft in die Schweiz zu importieren.
Für solche Einsätze bietet das Schweizer Zollsystem spezielle Verfahren, die Zölle und Einfuhrsteuer vermeiden oder stunden, unter der Voraussetzung, dass Fristen, Dokumentation und Rückführung genau eingehalten werden. Das spart Zeit, Liquidität und Bürokratie, erfordert aber saubere Vorbereitung und Kenntnis der rechtlichen Grundlagen.
Rechtliche Grundlagen – Zollgesetz, ATA-Carnet und Zollanmeldung
Die rechtliche Grundlage bildet das Schweizer Zollgesetz mit dem Verfahren der vorübergehenden Verwendung (Temporary Admission). Diese kann klassisch über eine elektronische Zollanmeldung oder über das international anerkannte ATA-Carnet erfolgen.
Das ATA-Carnet ist ein Zollpassierscheinheft, das die befristete Einfuhr, Ausfuhr und den Transit bestimmter Warengruppen, etwa Messegüter, Berufsausrüstung oder Warenmuster erleichtert. Es ersetzt nationale Sicherheiten, beschleunigt die Grenzabfertigung und ist sowohl bei der Ein- als auch bei der Wiederausfuhr gültig.
Eine zentrale Voraussetzung ist, dass die Waren unverändert bleiben und zur Wiederausfuhr bestimmt sind. Lediglich der normale Verschleiß durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch ist erlaubt. Werden die Gegenstände verkauft, verarbeitet oder dauerhaft in der Schweiz belassen, muss das Verfahren in eine reguläre Einfuhr umgewandelt werden, inklusive Zoll- und Steuerpflicht.
Unterschied zwischen regulärer und vorübergehender Einfuhr
Bei einer regulären Einfuhr bleiben die Waren dauerhaft in der Schweiz. Dabei werden Zollabgaben (je nach Warentarifnummer) sowie die Einfuhr-Mehrwertsteuer erhoben, deren Regelsatz seit dem 1. Januar 2024 bei 8,1 % liegt (reduziert 2,6 % für bestimmte Güter).
Die vorübergehende Einfuhr hingegen ist zeitlich begrenzt. Zölle und Mehrwertsteuer werden in der Regel nicht erhoben, sofern die Waren innerhalb der Frist wieder ausgeführt werden. Das Verfahren über das ATA-Carnet gilt üblicherweise für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten. Innerhalb dieser Zeit können mehrere Grenzübertritte erfolgen, etwa bei Projekten mit Zwischenstopps oder Messeteilnahmen.
Ablauf in der Praxis – Checkliste für Unternehmen
- Einsatzfall definieren: Kläre den genauen Zweck, die Einsatzdauer und die Orte, an denen die Geräte genutzt werden. Nur ungeteilte und unveränderte Güter sind zulässig.
- Passende Dokumente wählen:
- ATA-Carnet für Messen, Berufsausrüstung oder Muster.
- Elektronische Zollanmeldung, wenn der Zweck nicht carnetsfähig ist (z. B. Baumaschinen oder Prüfgeräte).
- Identifizierbarkeit sicherstellen: Detaillierte Beschreibungen, Seriennummern, Typenschilder oder Fotos müssen die Ware eindeutig erkennbar machen.
- Fristen überwachen: Das Carnet ist in der Regel zwölf Monate gültig. Bei längeren Projekten sollte frühzeitig eine Verlängerung beantragt werden. Auch bei elektronischer Anmeldung müssen die im Bewilligungsbescheid festgelegten Rückführungsfristen strikt eingehalten werden.
- Grenzabfertigung planen: Vorab prüfen, welche Zollstellen genutzt werden, welche Öffnungszeiten gelten und ob eine Anmeldung vorab erforderlich ist. Bei Carnets müssen die entsprechenden Voucher für Einfuhr und Wiederausfuhr korrekt ausgefüllt und abgestempelt werden.
- Rückführung dokumentieren: Die Wiederausfuhr muss nachgewiesen werden. Ein fehlender Stempel oder Nachweis kann zur Nachveranlagung von Zoll und Einfuhrsteuer führen.
Kosten, Fristen und digitale Zollabwicklung
Bei der echten vorübergehenden Einfuhr fallen keine Zölle oder Einfuhrsteuer an, solange die Bedingungen erfüllt werden. Wird die Ware jedoch verkauft, nicht fristgerecht ausgeführt oder in der Schweiz verändert, werden nachträglich Zollabgaben und Mehrwertsteuer fällig.
Das ATA-Carnet verursacht lediglich geringe Kosten, die durch die ausstellende Handelskammer im Ursprungsland erhoben werden. Im Gegenzug entfällt die Hinterlegung von Sicherheiten, was besonders für kleinere Unternehmen ein Vorteil ist.
Die Schweiz modernisiert derzeit ihr Zollsystem im Rahmen des Projekts DaziT. Die bisherige Plattform e-dec Export wird bis Ende 2025 durch das neue System Passar ersetzt. Damit wird die Zollabwicklung digitalisiert und vereinheitlicht. Unternehmen sollten daher prüfen, welches System aktuell für ihren Vorgang gilt – insbesondere bei komplexen Abläufen mit Export, Transit oder mehreren Einfuhrvorgängen.
Beispiel aus der Praxis – Leihmaschine für ein Bauprojekt
Ein deutscher Maschinenbauer bringt eine Fräsmaschine für zwölf Wochen zu einem Bauprojekt nach Zürich.
- Die Maschine wird im ATA-Carnet detailliert beschrieben, mit Seriennummer und Wertangabe.
- Beim Grenzübertritt wird das Einfuhr-Voucher
- Während des Einsatzes bleibt die Maschine unverändert und wird nur gewartet.
- Nach Projektende erfolgt die Wiederausfuhr, der Zoll stempelt das Ausfuhr-Voucher
Das Ergebnis: keine Zoll- oder Steuerabgaben, reibungslose Abfertigung und vollständige Rechtssicherheit dank sauberer Dokumentation.
Typische Fallstricke und wie man sie vermeidet
- Zweckänderung: Wird die Ware verkauft oder verschenkt, muss sie regulär eingeführt werden.
- Fristversäumnis: Läuft das Carnet oder die Bewilligung ab, können hohe Nachforderungen folgen.
- Unklare Warenkennzeichnung: Fehlende Seriennummern oder ungenaue Beschreibungen erschweren die Wiederausfuhr.
- Veredelung oder Verarbeitung: Reparaturen oder Umbauten können den Status der vorübergehenden Verwendung aufheben.
Fazit – Unterstützung durch Experten für die vorübergehende Einfuhr
Die vorübergehende Einfuhr in die Schweiz ist ein effizientes Werkzeug für kleine und mittlere Unternehmen, die Maschinen, Geräte oder Berufsausrüstung nur zeitweise einsetzen. Sie spart Zölle, reduziert Verwaltungsaufwand und ermöglicht planbare Projektabwicklungen über die Grenze hinweg.
Voraussetzung ist, dass Unternehmen die Vorgaben des Zollrechts kennen, Fristen einhalten und den Rückexport korrekt dokumentieren. Durch die Digitalisierung des Zollwesens und die Einführung von Passar verändern sich derzeit einige Abläufe, daher ist es ratsam, vor Projektbeginn die aktuellen Anforderungen zu prüfen.