Technik und Fußball – Wie „Hawk Eye“ & Co. den Fußball revolutionieren

Ob „Hawk Eye“ zur Unterstützung von Torentscheidungen oder die statistische Analyse der Spieldaten: Technologien gewinnen im Fußball mehr und mehr Bedeutung. Im Profi-Bereich bedeutet die Nutzung von High-Tech einen oftmals entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Technologieführer ist der Weltmeister von 2014 – Deutschland. Pünktlich zum Start der EM in Frankreich präsentiert euch Technik-Buddy die wichtigsten Technologien im Fußball!

„Hawk Eye“ und Chip im Ball

Jeder Fußballfan kennt es: das berühmte Wembley Tor von 1966. Durch ein irreguläres Tor gelangte England damals zu seinem ersten und einzigen Titel im internationalen Fußball. Der Ball sprang von der Latte zurück ins Feld – ohne dabei die Torlinie überquert zu haben. Das Schiedsrichtergespann entschied trotzdem auf Tor. Fast ein halbes Jahrhundert später wiederholte sich die Geschichte mit vertauschten Rollen. Bei der WM 2010 in Südafrika erzielte Deutschland sein „Wembley Tor“ und schickte die englische Mannschaft mit 4:1 nach Hause.

Was 1966 noch nicht vorstellbar war, wäre 2010 bereits möglich gewesen: Eine Technologie, die sicher entscheiden kann, ob der Ball hinter der Linie war. Nach erheblichem Druck der (englischen) Öffentlichkeit, entschied der Fußballweltverband FIFA dann 2013 nach einem erfolgreichen Test beim Confederations Cup, den Einsatz einer Tor-Technologie bei der WM 2014 in Brasilien. Erstmals in der Geschichte des Fußballs unterstützte dort mit „GoalControl“ eine Technologie die Schiedsrichter.

Seitdem haben auch DFB und der europäische Fußballverband, die UEFA, nachgezogen: Seit der Saison 2015/2016 kommt in deutschen Stadien die Torlinientechnik „Hawk Eye“ zum Einsatz. Auch bei der heute beginnenden EM 2016 in Frankreich wird „Hawk Eye“ für klare Verhältnisse bei strittigen Entscheidungen sorgen. Ab der kommenden Saison wird die Technologie dann auch in der UEFA Champions League zum Einsatz kommen, eine Spielzeit später in der Europa League.

Torlinientechniken wie „Hawk Eye“ oder „GoalControl“ basieren auf einem Kamerasystem. Für beide Tore werden jeweils 7 Kameras installiert, die den Ball dauerhaft verfolgen. Die zugehörige Software wertet die Bilder der Kameras aus und bestimmt so die genaue Position des Balls im Verhältnis zur Torlinie. Auf den Millimeter genau kann das System so bestimmten ob der Ball hinter der Linie war oder nicht.

Eine weitere Möglichkeit zur technologischen Bestimmung eines Tores sind Technologien, die ein schwaches Magnetfeld nutzen. Das Magnetfeld wird dabei von Antennen im Torrahmen erzeugt. In den Ball wird entweder ein Chip oder eine kleine Metallspule integriert. Überquert der Ball die Torlinie, senden die Antennen ein Signal an eine vom Schiedsrichter getragene Armbanduhr. Diese Technologie hat sich insbesondere darum nicht durchgesetzt, da Veränderungen am Spielgerät vorgenommen werden müssten. Hinzu kommt: Fällt der Chip im Ball während des Spiels einmal aus, funktioniert auch die Technik nicht mehr.

Big Data im Fußball – Trainingssteuerung am Computer

Doch nicht nur bei Torlinientechnik spielen Technologien im modernen Fußball eine entscheidende Rolle. Die Auswertung von unzähligen Daten und Statistiken – also die Nutzung von Big Data – gehört heute genauso zum professionellen Fußball wie das Torschusstraining. Nahezu jeder Fußballverein leistet sich hierfür mehrere Datenanalysten, die fortlaufend Daten aufnehmen, auswerten und analysieren. Aufgezeichnet werden dabei beispielsweise die Ballkontakte eines Spielers, seine zurückgelegten Kilometer, die Sprints, die Geschwindigkeit und vieles mehr. Über die Auswertung der Daten erfolgt auch die Steuerung der Trainingseinheiten: Durch Belastungswerte können Trainingsimpulse gezielter gesetzt und eine Überlastung der Spieler vermieden werden. Auch Defizite und Verbesserungspotenziale, zum Beispiel bei der Antrittsgeschwindigkeit oder Kondition, lassen sich so früh erkennen und beheben.

Die Daten stammen von hochauflösenden Kameras, die jedes einzelne Bundesligaspiel aufzeichnen. Auch auf dem Trainingsgelände installieren mehr und mehr Vereine eine Vielzahl an Kameras, um entsprechende Daten erheben zu können. Neben den Kameras liefert auch mit speziellen Sensoren ausgestattete Ausrüstung Informationen über Spieler und Spiel. Chips in Schuhen, der Kleidung oder im Ball übermitteln die Daten in Echtzeit an den Computer am Seitenrand.

Doch nicht nur die eigenen Spieler können so beobachtet und bis ins kleinste Detail ausgewertet werden. Auch gegnerische Mannschaften werden haargenau erfasst und analysiert. Dabei geht es nicht nur darum den durchschnittlichen Laufweg des gegnerischen Top-Spielers vor dem Torabschluss zu kennen, sondern es ermöglicht die Entschlüsselung des Spielstils ganzer Mannschaften. Egal ob Taktik, Verhalten bei Standardsituationen oder die Umschaltbewegung – es gibt kaum etwas, was sich nicht analysieren lässt. Auf Basis der Analyse lässt sich dann eine entsprechende Taktik für das Spiel entwickeln.

Insbesondere die deutsche Nationalmannschaft gilt als „Technologieführer“ im Fußball. Manchen Stimmen zufolge verdankt die DFB-Elf den Titel 2014 auch der exzellenten technischen Unterstützung. Die Experten des DFB liefern umfangreiche Auswertungen aller Gegner, auf die die deutsche Nationalmannschaft bei Turnieren trifft. Sobald die Gegner feststehen, werden die Daten zur Verfügung gestellt. Es ist bekannt und wird offen kommuniziert, dass Bundestrainer Joachim Löw seine Spieltaktik in erheblichem Maße an diesen Analysen ausrichtet. Der DFB will die Spitzenposition in Sachen Technologie im Fußball auch zukünftig weiter ausbauen. In Frankfurt entsteht hierfür ein neuer DFB „Fußball-Campus“, auf dem insbesondere die Nutzung moderner Technologien eine entscheidende Rolle spielen soll.

Nachteile

Natürlich geht so der Reiz der Fehlentscheidung und der Stoff für Diskussionen verloren. Aber auch die Kosten sollten nicht aus den Augen gelassen werden. gerade kleinere Vereine müssen dann unter Umständen einen Kredit aufnehmen.

Passspiel üben mit dem Roboter

Auch bei der tatsächlichen Trainingsausführung kommen inzwischen verschiedene technische Hilfsmittel zum Einsatz. Gleich ob Lauftraining, Passspiel oder Technik-Übungen – für fast jeden Bereich des Trainings gibt es unterstützende Technik. Im Gegensatz zu Big Data sind diese Technologien zwar noch nicht bei allen Vereinen angekommen, doch auch in der deutschen Bundesliga kommen sie bereits zum Einsatz.

Besonders der „Footbonaut“ hat es zu einer gewissen Bekanntheit gebracht. Es handelt sich dabei um einen käfigartigen Simulationsroboter, in dem Spieler ihr Passspiel und die Ballannahme trainieren können. Die Besonderheit dabei: Bis zu 100 Bälle in wenigen Minuten kann der Roboter auf verschiedenste Arten auf den Spieler „feuern“, selbst das Schießen mit „Effet“ ist möglich. Der „Footbonaut“ kreiert auf diese Weise echten Spielsituationen nachempfundene Bedingungen. Neben der TSG Hoffenheim hat sich auch Borussia Dortmund 2013, damals noch unter Jürgen Klopp, den Fußballroboter aufs Trainingsgelände gestellt.

In Leipzig kommt sogar eine Technologie der NASA zum Einsatz. Im Nachwuchsleistungszentrum des Neu-Bundesligisten RB Leipzig steht ein Vakuum-Laufband, entwickelt von der Weltraumbehörde aus den USA. Das Vakuum-Laufband ermöglicht es verletzten Spielern früher wieder mit moderater Belastung ins Training einzusteigen. So kann ein Spieler mit einem Bänderriss mehrere Wochen früher mit Lauftraining beginnen und das verletzungsbedingte Trainingsdefizit minimieren. Möglich macht es das Vakuum-System, welches die Belastung des verletzten Bereichs verringert und gleichzeitig einen Trainingsimpuls ermöglicht.

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